SOMMER / LATO 2004
 
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SOMMER / LATO 2004

Auch zum fünften Sommertreffen versammelte sich eine bunte Mischung aus Jüngeren und Älteren. 22 Menschen aus fünf Jahrzehnten. Manche waren weitangereist, von Rhein und Ruhr oder aus verschiedenen Teilen Bayerns. Andere aus Sachsen, Krakau oder den Beskiden verbrachten doch noch ein paar Stunden im Zug, und die Jüngsten hatten nur den heimatlichen Landkreis zu durchqueren.

Sonntag 15.08.04
Anreise der Teilnehmer, Abendessen, Gemeinsame Eucharistiefeier, Singen

Montag 16.08.04
Gemeinsam wandern wir auf den Lysiec - den "kahlen Berg". Mit 964 m erhebt er sich am Ausgang des Biele-Tales und bietet einen ausgezeichneten Blick auf den Marktflecken Stronie Slaskie. Im Süden sind die beiden höchsten Berge des Schneegebirges zu sehen Schneeberg / Snieznik mit 1425 Metern und Czarna Gora / Schwarze Berg mit 1205 Metern.

Dienstag 17.08.04
Nach dem Frühstück bringt uns der Bus nach Lawica - ein kleiner Ort nördlich von Klodzko. Von dort geht es auf dem Wasserwege weiter. Wir bekommen alle ein Paddel in die Hand, eine gründliche Einweisung und werden auf die Boote verteilt: drei Boote zu sechs Personen plus Steuermann und zwei Kanadier. Die Neisse schlängelt sich zwischen Klodzko und Bardo an steilabfallenden Waldhängen und blühenden Wiesen entlang. Der Fluss führt nicht viel Wasser, Felsen und Steine im Flussbett erweisen sich als tückisch und ein um das andere Mal muss die Mannschaft aussteigen, um ein Hindernis zu umwaten oder die Boote an einer Staustufe umzutragen. Nach der Mittagspause am Flussufer geht es weiter, bis schließlich nach einer Rechtskurve am linken Uferrand hoch über dem Fluss die Doppelturmfassade der Wallfahrtskirche zu Bardo auftaucht.

1096 wird der Ort Bardo (Wartha) erstmals erwähnt. Eine frühe Burganlage, vermutlich böhmischen Ursprungs dient später als polnische Grenzbefestigung. Über die Jahrhunderte unterhielten Johanniter, Augustiner, Zisterzienser und Redemptoristen in Folge ein Kloster. Überregionale Bedeutung erhielt Bardo nicht zuletzt durch seine Marienwallfahrt. Das noch heute dort verehrte Gnadenbild, eine 42 cm hohe romanische Sitzmadonna mit Kind aus Lindenholz entstand bereits Anfang des 13.Jh. und ist die älteste schlesische Holzskulptur. 1686-1704 wurde die heutige große Wallfahrtskirche, eine Saalkirche, mit der zweitürmigen Front, welche die kleine Stadt überragt, erbaut. Ihr Architekt war der bischöfliche Hofbaumeister Michael Klein aus Neisse. Den Hochaltar schuf Bildhauer Jörg. Der wertvollste Schmuck des Hochaltares ist das von Michael Willmann geschaffene Gemälde Mariä Heimsuchung. Unter dem Bild steht in einer Altar-Nische das Gnadenbild. Bemerkenswert ist die 1759 fertiggestellte Orgel des Breslauer Meisters Franz Eberhard mit dem Rokokoprospekt des Holzbildhauers Heinrich Hartmann.

Die Räume in der Klosteranlage zeugen von einer lebendigen Wallfahrt. Votivtafeln schmücken die Gänge und im Hof führt eine steile Treppe in einen Raum mit einer beweglichen Krippe. Geistliche und weltliche Würdenträger und Heilige aus vielen Jahrhunderten der polnischen Geschichte ziehen an der Heiligen Familie vorbei und erweisen kopfnickend ihre Referenz.

Mittwoch 18.08.04
Als "freier Tag" deklariert, bietet dieser Tag in der Mitte des Sommertreffens vielfältige Möglichkeiten. Wer noch nie auf dem Gipfel des Schneeberges war, hat hierzu die Chance. Eine kleine Gruppe macht sich auf den Weg zu einem Reitstall, eine andere Gruppe besichtigt den alten Kurort Ladek Zdroi / Bad Landeck. Wieder andere brechen zu einer Wanderung entlang der polnisch-tschechischen Grenze auf: der Weg führt über die Gipfel des Czartowiec und des Kowadlo nach Bielice. Im Laufe des Nachmittags treffen die verschiedenen Gruppen wieder in Nowy Gieraltow ein. Das Volleyballfeld ist heiß begehrt, die Badminton-Spieler müssen sich einen anderen Platz suchen, die weniger Sportbegeisterten bereiten in der Küche das Abendessen vor.

Der Abend ist einem östlichen Nachbarland Polens gewidmet: Weißrussland. Ewa berichtet von ihren Eindrücken und Erlebnissen, die sie wenige Wochen zuvor auf einer Reise durch das Land und bei Besuchen bei der polnischsprachigen Minderheit gewonnen hat. Peter stellt die Hilfsaktion "Lebenszeichen Tschernobyl" vor, die seit vielen Jahren im Ruhrgebiet Hilfsgüter sammelt und in die vom Reaktorunglück stark betroffenen Region um die Stadt Mosiar transportiert. Die Bilder und Erläuterungen vermittelten uns nicht nur einen Eindruck von den Lebensverhältnissen in Weißrussland, sondern auch von den logistischen und administrativen Herausforderungen eines Hilfsgütertransportes.

Donnerstag 19.08.04
Zuerst muss unser Bus die vielen Serpentinen emporklettern bis nach Zloty Stok. Dann breitet sich vor uns eine weite Ebene aus. Vorbei an den beindruckenden Silhouetten der Städte Patschkow und Otmuchow und das Ufer des benachbarten Stausees passierend fahren wir nach Nysa / Neisse. Der gotische Dom mit dem freistehenden Glockenturm und dem Grab des bekannten schlesischen Liedgutsammlers Klemens Neumann, die Stadtwaage 1604 im Stil der holländischen Renaissance erbaut, die prachtvolle barocke Fassade und Klosteranlage der früheren Jesuitenkirche sowie die Eisdiele am Marktplatz beschreiben nur einen Teil der Sehenswürdigkeiten der Stadt. Dass Neisse im Krieg stark umkämpft und weitgehend zerstört wurde, zeigt sich auch am Stadtbild, das trotz der zahlreichen Baudenkmäler überwiegend von Bauten der letzten Jahrzehnte geprägt ist.

Etwa 15 km südlich von Nysa liegt der kleine Ort Biskupow. Dort neben der Pfarrkirche, das ehemalige Pfarrhaus als Exerzitienheim nutzend, hat sich vor 18 Jahren aus einer Einsiedelei heraus ein Benediktinerkloster gegründet, das inzwischen neun - überwiegend junge - Mönche umfasst. Pater Ludwik Mycielski, Benediktiner aus der Abtei in Tyniec bei Krakau, seit 1986 Superior des Klosters zu Biskupow erzählt uns von der Gründung des Klosters und der ganz spezifischen Lebensweise der Mönche, streng nach den Regeln des Benedikt, und zwar in einem Umfang, wie sie heutzutage kaum noch in einem Benediktinerkloster gelebt werden. So teilen sich in Biskupow die Mönche einen gemeinsamen Schlafraum und übernehmen im wöchentlichen Wechsel die Zubereitung der Speisen. Das Kloster verfügt über keine regelmäßigen Einnahmen und lebt von Spenden und der Unterstützung der Menschen aus der Umgebung. Begeistert und ergreifend erzählt Pater Ludwik von den großen und kleinen Wundern des Klosteralltags. Eine Führung durch die Pfarrkirche und eine kurze Andacht schließen den Besuch in Biskupow ab.

Auf dem Rückweg machen wir noch am Ufer des Stausees Halt. Ein Badestrand zieht sich in einem großen Bogen am Nordufer entlang und erlaubt den Badenden mit Blick auf die südlich gelegenen Höhenzüge im Wasser zu plantschen. Ein Abend voller Lieder aus aller Welt schließt den Tag ab.

Freitag 20.08.04
Der erste trübe Tag, aus der Wanderung wird ein Spaziergang. Doch es gibt auch so viel zu tun. Erste Entwürfe für eine Internetseite entstehen, in einer Ecke wird Gitarrenunterricht erteilt. Getuschel hinter der Tür verweist auf Vorbereitungen für den Bunten Abend. Auch das Essen will gekocht werden.

Am späten Nachmittag kommt ein Gast zu uns in die Runde um das offene Feuer. Frau Janina Laskowska der man ihr hohes Alter nicht anmerkt, ist im Jahre 1946 aus Warschau in den Kurort Bad Landeck gezogen. Sie ist eine von zahlreichen Zeitzeugen und Zeitzeuginnen, die in dem Projekt " Der Turm zu Babel" ihre Lebensgeschichte erzählt haben. Polnische Schülerinnen und Schüler interviewten heutige Einwohner des Städtchens, die die Vertreibung der deutschen und die Neuansiedlung der polnischen Bevölkerung noch miterlebt hatten. Vertreter der vertriebenen deutschen Bevölkerung schrieben ihrerseits ihre Lebenserinnerungen nieder. Und so entstand das Buch "Turm zu Babel". "Turm zu Babel" heißt das Projekt und die gleichnamige Publikation , mit Verweis auf das Völkergemisch, das die ersten zehn Jahre nach dem Ende des Krieges das Städtchen Landeck bewohnte. Das waren neben der verbliebenen deutschen Bevölkerung, die teilweise aufgrund ihrer Berufe (Facharbeiter, Ärzte) nicht vertrieben wurde bzw. auch nicht ausreisen durfte, die überwiegend aus den ehemaligen Ostgebieten Polens umgesiedelten Polen, aber auch hie und da Menschen aus Russland oder der Ukraine, die es während des Krieges als Zwangsarbeiter oder Kriegsgefangene in die Region verschlagen hat. Dazu kamen russische Militärangehörige die dort stationiert waren. Lebhaft schildert Frau Laskowska wie sich ihre Gefühle gegenüber den Deutschen, die sie als junge Frau zuerst als Besatzungsmacht bis hin zur Niederschlagung des Warschauer Aufstand erlebt hatte, schlagartig änderten, als sie auf das Leid der Vertriebenen in dieser Grenzregion traf.

Auch der letzte Abend ist von Gesang geprägt. Polnische und deutsche Scherzlieder und Gesangsspiele sind die Favoriten. Die polnischen Jugendlichen haben ein paar kleine Aufführungen vorbereitet, darunter zur Begeisterung des Publikums ein in Rap-Weise in deutscher Sprache gedichtetes Resümee auf die gemeinsame Woche.

Samstag 21.08.04
Abreise
 
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